16 Mai, 2023

Dr. Marcin Kiełbasa für die DGP über die Nachhaltigkeit der A1-Formulare

Die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna veröffentlichte gestern einen Artikel von Red. Karolina Topolska mit der Überschrift. A1-Zertifikat kann nicht vorübergehend ausgesetzt werden". Dr. Marcin Kiełbasa hat den Text kommentiert, in dem das jüngste Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in den verbundenen Rechtssachen C-410/21 und C-661/21 DRV Intertrans BV / Verbraeken J. en Zonen BV erörtert wird.

(Un-)Rechtswirksamkeit der vorübergehenden "Aussetzung" ("Rücknahme") A1

Sie betrafen ein slowakisches und ein litauisches Unternehmen, die in Belgien Transportdienstleistungen erbringen. Die belgische Sozialinspektion beanstandete die A1-Bescheinigungen, die den Arbeitnehmern der beiden Unternehmen ausgestellt worden waren. Daraufhin wurden diese Bescheinigungen von den Trägern der Entsendestaaten (Slowakei und Litauen) "vorübergehend" eingezogen. Es stellte sich daher die Frage, ob diese "ausgesetzten" Bescheinigungen für die Träger und Gerichte des Gastlandes (Belgien) nicht mehr bindend sind. Dr. Kiełbasa wies darauf hin, dass das EuGH-Urteil den Grundsatz bekräftigt, dass Entscheidungen über den Entzug von A1 nur von dem Träger des Entsendestaats getroffen werden, der eine solche Bescheinigung ausstellt. Wichtig ist jedoch, dass sie dabei das Verfahren des Dialogs und der Schlichtung einhalten muss. Der besondere Wert des Urteils des Gerichtshofs liegt in diesem Zusammenhang in der Erinnerung daran, dass "die Unverbindlichkeit der A1-Bescheinigung, auch nur vorübergehend, ohne vorherige Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Ausstellung und ohne Feststellung, welches System der sozialen Sicherheit auf den betreffenden Arbeitnehmer anwendbar ist, einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Verordnung 987/2009 darstellen würde" oder, allgemeiner ausgedrückt, gegen die Grundsätze, die sich aus dem gesamten System der EU-Koordinierung ergeben, wie z. B. den Grundsatz der Rechtssicherheit, den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten oder den Grundsatz der Versicherung von Arbeitnehmern ausschließlich im Rahmen einer einzigen Rechtsvorschrift.

Denken Sie an die Situation des Arbeitnehmers und an die Vorhersehbarkeit des Versicherungssystems

Dr. Marcin Kiełbasa betonte ferner das Anliegen des Gerichtshofs, dass dem Arbeitnehmer der Versicherungsschutz nicht vorenthalten werden sollte. Denn wie der EuGH einräumte, würde die fehlende Bindungswirkung der fraglichen A 1-Bescheinigung, die sich aus der vorübergehenden "Aussetzung" ("Entzug") ergibt, es den Trägern anderer Mitgliedstaaten und insbesondere dem Träger des Mitgliedstaats, der Zweifel an der Richtigkeit und Gültigkeit dieser Bescheinigung geäußert hatte, ermöglichen, den betreffenden Arbeitnehmer ihren eigenen Sozialversicherungssystemen zu unterwerfen. Eine solche Auslegung von Artikel 5 der Verordnung 987/2009 könnte die Gefahr einer Überschneidung der Systeme der sozialen Sicherheit erhöhen, was den Grundsatz der Versicherung von Arbeitnehmern in einem einzigen System der sozialen Sicherheit und die Vorhersehbarkeit des anwendbaren Systems und damit den Grundsatz der Rechtssicherheit untergraben würde.

Dialog- und Schlichtungsverfahren und Verfahrensgarantien - auch im Falle von "Betrug" obligatorisch

Der Gerichtshof erinnert auch an seine frühere Rechtsprechung, wonach ein Gericht des Aufnahmemitgliedstaats, das wegen Umständen, die auf eine betrügerische Erlangung oder Verwendung von A 1-Bescheinigungen hindeuten können, gegen einen Arbeitgeber angerufen wird, nur dann endgültig über das Vorliegen eines solchen Betrugs entscheiden und diese Bescheinigungen unberücksichtigt lassen kann, wenn es feststellt, dass trotz der unverzüglichen Einleitung des Verfahrens nach Art. 76 Absatz 6 der Verordnung 883/2004 nicht innerhalb einer angemessenen Frist die vom zuständigen Träger des Aufnahmemitgliedstaats vorgelegten Nachweise überprüft oder dazu Stellung genommen hat. Dieses Dialog- und Schlichtungsverfahren ist eine zwingende Voraussetzung für die Feststellung, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen von Betrug erfüllt sind, und somit für das Ziehen angemessener Konsequenzen in Bezug auf die Gültigkeit der fraglichen A1-Bescheinigungen. Das Gericht des Aufnahmemitgliedstaats, bei dem das Strafverfahren anhängig ist, darf das genannte Dialog- und Schlichtungsverfahren nicht außer Acht lassen.

Der Gerichtshof bekräftigt außerdem seine frühere Auffassung, dass Personen, die in einem Gerichtsverfahren beschuldigt werden, Arbeitnehmer auf der Grundlage von in betrügerischer Weise erlangten Bescheinigungen entsandt zu haben, unter Wahrung der Garantien des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Möglichkeit erhalten müssen, sich zu den Beweisen zu äußern, auf die sich dieses Verfahren stützt, bevor das nationale Gericht gegebenenfalls entscheidet, diese Bescheinigungen nicht zu berücksichtigen, und über die Verantwortlichkeit dieser Personen nach dem geltenden nationalen Recht entscheidet.

Dr Marcin Kiełbasa

VIELLEICHT GEFÄLLT ES DIR